Vortrag von Karsten Krampitz plus anschließendem Gespräch.

„Unsere Zeit kommt bald. Die Toten reiten schnell.“
Der vergessene SPD-Vorsitzende Hugo Haase

 

 

Entscheidungen seiner nur sechswöchigen Amtszeit prägen das Land bis heute: der Achtstundentag, das Frauenwahlrecht, die Gewaltenteilung. Nach der Revolution im November 1918 stand Hugo Haase gleichberechtigt mit Friedrich Ebert an der Spitze der ersten republikanischen Regierung. 1919 erlag er den Folgen eines Anschlags.
Nach der Ermordung von Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht, Kurt Eisner, Gustav Landauer und anderen, war er der letzte noch lebende Anführer der Revolution. In seiner letzten Rede hatte er noch den Arbeitern zugerufen: „Unsere Zeit kommt bald. Die Toten reiten schnell.“
Bei der Einäscherung im Krematorium waren nur die engsten Angehörigen, Freunde und Genossen zugegen. Karl Kautsky sprach in seiner Gedenkrede: „Jetzt bist Du dahin, und wir sind unendlich verarmt, verarmt in dem, was wir in dir verloren, aber doch bereichert durch das, was Du uns gebracht, was du geschaffen, was du uns gelehrt hast, was weiter wirkt über dich hinaus…“
Den einen galt er als Parteispalter, den anderen als inkonsequenter Sozialpazifist. Friedrich Ebert hatte ihm „Treuebruch“ vorgeworfen. Während Haase im Reichstag 1916 eine Rede gegen den Krieg hielt, schrie Ebert: „schamloser Kerl, frecher Halunke!“ Philipp Scheidemann beschimpfte den damaligen SPD-Vorsitzenden im Plenum als „Drecksseele“. Und Rosa Luxemburg, die in der Sozialdemokratie selbst Ziel heftiger Schmähungen geworden war, bezeichnete den Kreis um Hugo Haase gern als „Sumpf“.
Dabei vertrat Hugo Haase, der langjährige SPD- und spätere USPD-Vorsitzende, ethische Werte – in seinem Leben und vor allem in der Politik: Bescheidenheit, Integrität, Opferbereitschaft für die Partei, internationale Solidarität und nicht zuletzt Toleranz gegenüber Andersdenkenden.
Am 8. Oktober 1919 wurde Hugo Haase niedergeschossen. Vier Wochen später, am 7. November, verstarb er an den Folgen des Attentats.

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